Dienstag, April 24, 2007

Der 1. Tag

Blutrot geht die Sonne über den wipfelzerfransten Ardennenrücken auf. Kaum ein Laut ist zu hören an diesem dunstigen Märzmorgen, an dem ich das erste Mal auf dem Exerzierplatz des Fort Charlemont, hoch oben auf dem Plateau über der Maas stehe. Nur ein feuchtkühler Luftzug jault vom Fluss herauf um die alten Mauern und ein paar Krähen ziehen krächzend über mir ihre Kreise.
Kaum ein Laut ist zu hören. Aber ich bin nicht alleine. Ich bin Teil von Commando Bleu, der einzigen deutschen Abteilung von vieren, die hier am Centre Entrainement Commando zur Zeit den Lehrgang machen. Wir sind etwa Neunzig Mann stark und neben uns stehen ebenso erwartungsvoll zwei französische Infanteriekompanien und zwei Pionierzüge. Ungefähr Dreihundertsechzig Männer stehen also hier im Carrée, reglos und mit Blick zu den Flaggenmasten, die auf einem der höchsten Punkte des steinernen Bollwerkes aufgepflanzt sind.
Kaum ein Laut ist zu hören. Plötzlich wird ein scharfes "Garde à vous!" über den Platz gebellt und Siebenhundertzwanzig Beine gehen mit einem einzigen dumpfen Ruck ins Stillgestanden.
Kaum ein Laut ist zu hören, als nach einem Trompetensignal die Bundesflagge und die Tricolore in den bleichen Morgenhimmel gehisst und dort von der tiefstehenden Sonne in rot-goldenes Licht getaucht werden. Und dann fröstelt es mich. Ich weiß nicht genau, ob es wegen des Morgenwindes ist, der mit einer kräftigen Brise den Nebel vom Tal herauftreibt, oder der Marseillaise, die in diesem Moment, von hunderten rauher Kehlen gesungen, über den Exerzierplatz, über die Festung, über die Felsen hinab ins Tal rollt...

Keine Kommentare: