Donnerstag, September 20, 2007

Nairobi - Arusha

Der Ritt sollte um 0630 losgehen. Die Abfahrt verzögerte sich allerdings um etwa eineinhalb Stunden. Grund war die Aufnahme von Anschlussreisenden, wie sich dann gegen acht Uhr dann herausstellte. Zum Glück bin ich nicht in Eile gewesen und ja sowieso eher von geduldiger Natur. Diese Eigenschaft ist mir hier sehr zuträglich, da ich sonst sicher schon wahnsinnig geworden wäre. Gleichmut ist eine wichtige afrikanische Tugend.

Der Bus entpuppte sich so ziemlich als das Gegenteil von dem was ich erwartet hatte. Beobachtungen am Vortag hatten mich vermuten lassen, dass es sich bei meinem Überlandbus um ein mittelalterliches Vehikel handeln werde, welches aus mehr Rostlöchern als Metall bestehen würde, auf Klimaanlage verzichtet und von außen kunstvoll mit Kisten, Körben, Koffern und Hühnern behängt sein würde. Da stand sie nun die gelbe Rakete. Zwar war sie etwas ranzig und vergammelt, wie alles hier, hatte aber ordentlich Zug unter der Haube, dichte Fenster kombiniert mit AC und das Gepäck konnte im Bauch des Busses verstaut werden. Auch der Hahn.
Der Hahn hatte schon vorher auf dem belebten Bürgersteig meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, indem er, trotz seiner unvorteilhaften Lage in einer verschlossenen Sporttasche, rüstig und unverdrossen in das für ihn nicht sichtbare Morgenrot vor sich hinkrähte.

Der zum Bus gehörige Fahrer, ich werde ihn von jetzt an Pilot nennen, war überzeugter Anhänger der Lehre „Bewege dein Fahrzeug mit möglichst hoher Geschwindigkeit über Schlaglöcher und fliege gleichsam über die Aussparungen im Straßenbelag - Der Fahrgast dankt dir den so gesteigerten Komfort“. Ich hatte ja gedacht, dass ich mich nach einer Weile an diesen Stil gewöhnen würde. Aber bis zuletzt war ich immer wieder etwas verspannt, wenn unser Pilot in unübersichtlichen Kurven beherzt zu riskanten Überholmanövern ansetzte, in die er auch stets den unbefestigten Seitenstreifen mit einzubeziehen pflegte. Dabei war es weniger die erhebliche Schieflage des Busses oder das rumpelnde Getöse unter der ächzenden Karosserie die meine Bedenken weckten, sondern die Tatsache, das dieser Seitenstreifen auch munter von Ziegenherden, Kindern, Kühen, Fahrradfahrern, Handziehwagen, Verkäufern, Hunden und sagen wir allgemein buntem Volk zur Fortbewegung genutzt wurde. Aber der Pilot verstand sein Handwerk und wir haben niemanden überfahren. Unter „Um Haaresbreite verfehlt“ können allerdings getrost ein Esel, ein Hund und ein unvorsichtiger Bauarbeiter verbucht werden.

Der Busflug war Afrika pur. In etlichen Momenten habe ich zu mir gesagt „Sowas hast du noch nicht gesehen. Das muss Afrika sein.“ So werde ich ab jetzt bestimmte Erlebnisse unter TIA verbuchen – This is Afrika. Anfangen könnte man bei der unverhohlenen Bestechung von Zoll- und Polizeibeamten. TIA. Gefolgt vom gemütlichen Picknick einiger Einheimischer am Straßenrand, während zwei Meter weiter der aufgeblähte Kadaver eines Hundes verwest. TIA. Stürmen des Busses durch die Polizei mit Geschrei und AK-47 im Anschlag zur Feststellung der Personalien eines Mannes, der, wie sich nach zehnminütigen Ermittlungsarbeiten herausstellt, doch nicht des Diebstahls schuldig ist. TIA. Es hat mich da irgendwie nicht mehr überrascht, dass der Kopilot bei voller Fahrt das Armaturenbrett vor dem Piloten abmontiert. Aber macht ja auch Sinn, wenn man den defekten Tacho reparieren will und nur wenig Zeit hat...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

*lol* das klingt nach einer aufregenden Zeit, die du da hast. Freut mich voll fuer dich! Hoff bald mal mehr von dir zu lesen! :)