Sonntag, Juni 03, 2007

Die letzten Tage, Teil II

Zu Teil I

... Schon nachdem ich mit meiner Gruppe den ersten Kilometer vom Absetzpunkt hinter mich gebracht hatte, stellte ich fest, dass ich in meinem Leben noch nicht mit so einem schweren Rucksack gegangen war. Während des Marsches überschlug ich dann, dass ich mit allerhand nützlichen Dingen von gut vierzig Kilogramm Gesamtgewicht behängt war. Und dabei hatten wir noch Glück. Als Sprengtrupp des Zuges mussten wir nur einige Kilogramm Sprengstoff und etwas Zusatzmaterial auf die sechzehn Schultern der Gruppe verteilen. Die anderen durften noch zusätzlich die schweren Waffen, also MG und Panzerfaust, buckeln...

Was mich dann auch überraschte, war, wie langsam man sich dann doch bei Dunkelheit im Vergleich zum Tag bewegt. Besonders anschaulich wurde mir dies gleich in der ersten Nacht vor Augen geführt: Nachdem wir uns über eine Stunde entlang eines Baches durch ein schmales und sumpfiges Tal bergauf gequält hatten und völlig erledigt die Höhe erreichten, enthüllte der Blick auf die Karte höhnisch eine zurückgelegte Strecke von etwa 800 Metern. Danach habe ich meine Zeitansätze für die Marschstrecken etwas korrigiert.
In derselben Nacht versperrte auch ein kleinerer Fluss, so etwa wie der Lech, unsere Marschroute, dessen einzige Brücke weit und breit sich als frisch gesprengt entpuppte. Also musste man eine seichte Stelle finden, sich untenherum nackig machen und das recht kühle Nass zu Fuß durchqueren. Nächste Zeitkorrektur.
Ein anderes Mal wollten schon beinahe romantische Gefühle bei mir aufkommen, als ich von einer Höhe aus ein malerisches französisches Dorf betrachtet, wie es sich verschlafen unter dem flimmernden Sternenhimmel in sein Tal kuschelte. Die Schuld für meine zerstörte Illusion und die sechs Extrakilometer die plötzlich vor uns lagen, habe ich habe dann spontan dem Nachtsichtgerät gegeben: Denn durch die grün glimmenden Okulare des Restlichtverstärkers war am Rande des Dorfes, durch das ich eigentlich wollte, ein geschickt angelegtes MG-Nest zu erkennen, was nun weiträumig umgangen werden musste. Nächste Zeitkorrektur. An den vorgegebenen Sammelzeiten und -punkten änderte sich allerdings irgendwie nie etwas.

Und so etwas passierte einem die ganze Zeit. Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Jede Nacht. Und die Tage waren waren auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatt. In meiner Fantasie hatte ich mir ja lebendigst ausgemalt, wie die helle Zeit zwischen den Dämmerungen von gemütlichem Schlafen und Gammeln im sonnigen Frühlingswald erfüllt sein würde...

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